Waymo vielleicht bald 250 Milliarden Dollar wert
Der autonome Mobilitätsdienst ist seit drei Wochen in Betrieb

Waymo entwickelt Technologien zum autonomen Fahren. Jetzt schätzen Analysten, dass das Unternehmen längerfristig 250 Milliarden Dollar wert sein könnte.

06/2018, Waymo Chrysler Pacifica
Foto: FCA

Technologien zum autonomen Fahren gehören zu den ganz großen Geschäftsfeldern der Zukunft. Begonnen hat diese Zukunft längst: Viele Unternehmen forschen fieberhaft an Techniken fürs fahrerlose Fahren. Ganz vorne mit dabei ist Waymo aus dem kalifornischen Mountain View. Im Dezember 2016 als Tochter von Googles Mutterkonzern Alphabet gegründet, setzt Waymo die Arbeiten zum Google Driverless Car fort. Die Nähe zu Google wird auch wegen des Namens der eingesetzten Software deutlich, die nach wie vor „Google Chauffeur“ heißt. Leiter des Projekts war zum Anfang der deutsche Ex-Stanford-Professor und Spezialist für künstliche Intelligenz Sebastian Thrun, bereits 2005 gewann der geborene Solinger mit dem VW Touareg „Stanley“ die DARPA Grand Challenge für autonome Fahrzeuge (Defense Advanced Research Projects Agency/US-Militärforschungsbehörde).

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Waymo testet seit längerem Robotertaxis in Phoenix, der Hauptstadt des US-Bundesstaates Arizona – und seit ein paar Wochen verlangt der Konzern Geld für die Nutzung dieser Taxis im Rahmen des Fahrdienstes „Waymo one“. Zwar gibt es mit einem eng umrissenen Stadtgebiet und einer aktuell auf 400 Personen beschränkten Kundenzahl noch starke Nutzungseinschränkungen, aber die Analysten der US-Investmentbank Jefferies & Company sind trotzdem vollkommen aus dem Häuschen: Laut einer auf der amerikanischen Website des New Yorker Nachrichtendienstes Business Insider veröffentlichten Studie, könnte Waymo längerfristig 250 Milliarden Dollar wert sein (umgerechnet zirka 219 Milliarden Euro). Bisher taxierten die Banker das Unternehmen auf 75 bis 125 Milliarden Dollar (66 bis 110 Milliarden Euro).

Waymo FCA Chrysler Pacifica CES 2017
FCA/Waymo
Der Chrysler Pacifica ist das aktuell von Waymo eingsetzte Auto für autonome Fahrten.

Verdopplung des Wertes

Die Verdopplung der Bewertung begründet Jefferies mit einem deutlich erweiterten Leistungsangebot von Waymo. Bisher gingen die Analysten davon aus, dass der Dienstleister ausschließlich Software und Knowhow verkaufen wolle. Nun sehen sie Waymos Möglichkeiten, auch mit dem Transport von Personen und Gütern, der technischen Unterstützung von Roboterfahrzeugen und mit Werbeangeboten im Innenraum der Fahrzeuge Geld zu verdienen. Außerdem haben die Fachleute ihre Bewertungsgrundlage geändert: Floss bisher der Gewinn pro Roboterfahrzeug in die Berechnungen ein, ist es jetzt der Gewinn pro gefahrener Meile.

Mit der Aufwertung von Waymo steht Jefferies & Company nicht alleine: Auch die New Yorker Investmentbanker von Morgan Stanley stuften das kalifornische Unternehmen von 75 auf 175 Milliarden Dollar hoch (66 auf 153 Milliarden Euro) – bereits vor drei Monaten. Als Begründung hieß es damals, dass der Wert von Waymo noch kaum in der Alphabet-Aktie eingepreist sei.

Autonomes Fahren noch nicht alltagstauglich

Wie schnell sich Technologien zum autonomen Fahren etablieren werden, ist derweil noch ungewiss. Die Autokonzerne geben auf diesem Gebiet mächtig Gas, aber ein vollautonomes Fahren nach der höchsten Stufe Level 5 steht nicht unmittelbar bevor. Zum einen gibt es wegen großer Sicherheitsbedenken noch viele Regularien, zum anderen ist die Technik noch nicht ausgereift. Trauriger Höhepunkt ist bisher der tödliche Unfall mit einem Roboterauto des amerikanischen Fahrdienstvermittlers Uber: Im März 2018 überfuhr ein autonomer Volvo XC90 eine Fußgängerin, die ein Fahrrad über die Straße schob. Nach bisherigem Ermittlungsstand erkannten die Systeme des Fahrzeugs nur eine am Fahrradlenker hängende Plastiktüte und stuften diese als „False Positives“, also als „unbedeutendes Objekt“ ein. Zudem konzentrierte sich die verantwortliche Sicherheitsfahrerin anscheinend auf eine per Handy übertragene TV-Show anstatt auf die Straße.

Die das autonome Fahren erforschenden Unternehmen stehen in einem gnadenlosen Wettbewerb zueinander. So kam im Zuge der Unfallermittlungen heraus, dass 2017 bei Uber-Testfahrten alle 21 Kilometer ein Sicherheitsfahrer-Eingriff nötig war, während Waymo im Schnitt 9.012 Kilometer ohne Fahrereingriff zurücklegen konnte. Unter welchen Bedingungen diese Zahlen zustande kamen (Fahrten auf leeren nächtlichen Wüstenlandstraßen oder im vergleichsweise komplizierten Stadtverkehr) wurde im Zuge der Ermittlungen nicht bekannt. Außerdem verklagte Waymo Uber wegen des Diebstahls von Unternehmensgeheimnissen und Patentverletzungen. Beide Unternehmen einigten sich außergerichtlich, Uber zahlte 245 Millionen Dollar (umgerechnet zirka 215 Millionen Euro) an Waymo.

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